09.04.19

Supraleiterkabel arbeitet bei Kühlung mit Stickstoff

Das Karlsruher Institut für Technologie hat ein Supraleiterkabel entwickelt, das bei Kühlung mit Stickstoff statt Helium große Mengen elektrischer Energie fast verlustfrei transportiert. Es soll sich auf einfache Weise fertigen lassen. Die Industrie arbeitet an Verfahren zur Massenproduktion.

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Das Karlsruher Institut für Technologie verarbeitet dünne Bänder aus Rare-Earth Barium-Copper-Oxid zu Supraleiterkabeln. © KIT

 
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Der Hochtemperatur-Supraleiter Cross Conductor kann große Mengen elektrischer Energie transportieren. © KIT

 

Supraleiter übertragen elektrischen Strom bei tiefen Temperaturen nahezu verlustfrei. Das macht sie attraktiv für eine ganze Reihe energiesparender Technologien. Allerdings ist dafür in der Regel eine Kühlung mit flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe minus 269 °C notwendig. Ein neues Kabel aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist bereits bei minus 196 °C einsatzbereit. Gekühlt werden kann mit Stickstoff. Der Supraleiter Cross Conductor (HTS CroCo) transportiert große Mengen elektrischer Energie, „Das liegt an dem speziellen Material, das wir verarbeiten“, erklären Walter Fietz und Michael Wolf vom Institut für Technische Physik des KIT. Eingesetzt wird Rare-Earth Barium-Copper-Oxid (kurz: Rebco), dessen supraleitende Eigenschaft seit 1987 bekannt ist. Allerdings kann dieser Supraleiter in großen Längen lediglich in Form dünner Bänder gefertigt werden.

„Wir haben nun eine Methode entwickelt, bei der mehrere Rebco-Bänder kreuzförmig angeordnet werden. Dabei entsteht ein Kabel für sehr hohe Ströme“, sagt Fietz. Die hohe Stromtragfähigkeit des HTS CroCos spart Platz und Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Kabeln aus Kupfer- oder Aluminiumlegierungen. Auch die Herstellung des Kabels ist effizient: In einem am KIT entwickelten Fertigungsverfahren werden mehrere Herstellungsschritte kombiniert. „Zurzeit erreichen wir in einer Demonstrator-Fertigung bereits eine Herstellungsgeschwindigkeit von einem Meter pro Minute“, berichtet Wolf. In einer entsprechend skalierten industriellen Fertigungsanlage wären Kabellängen von mehreren 100 m und mehr denkbar, was Kosten spart. Da die supraleitende Schicht – die den Strom leitet – in den fertigen Kabeln nur wenige tausendstel Millimeter dick ist, halten sich auch die Materialkosten in Grenzen.

Industrie tüftelt an Herstellverfahren

„Einer Massenproduktion stehen bislang noch hohe Kosten für die Herstellung der Rebco-Bänder entgegen“, sagt Wolf. Augenblicklich würden seitens der Industrie jedoch Verfahren entwickelt, um sie günstiger zu gestalten.“ Der CroCo eignet sich für die energiesparende Erzeugung starker Magnetfelder, aber auch zum Transport großer Mengen elektrischer Energie. Damit ließen sich künftig zum Beispiel große Windparks oder Solarkraftwerke in das Stromnetz integrieren und Stromautobahnen schlanker gestalten. Wird zur Kühlung des CroCo flüssiger Wasserstoff genutzt, können sogar chemische und elektrische Energie gemeinsam transportiert werden. „Prinzipiell lässt sich ein CroCo überall dort einsetzen, wo wenig Raum zur Verfügung steht, aber viel elektrische Energie transportiert werden soll“, sagt Fietz. Denkbar sei deshalb auch eine Anwendung in Schiffen und in vollelektrischen Flugzeugen.

Als „die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist, Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Hierzu arbeiten 9300 Menschen auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen.

Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Technische Physik
Rintheimer Querallee 2
76131 Karlsruhe
Ansprechpartner ist Walter Fietz
Tel.: +49 721 608-23501
walter.fietz@kit.edu
www.itep.kit.edu